Gepflegte, schöne Gärten, bunte Staudenbeete, sauber geschnittene Hecken, blütenreiche Ziergehölze, gleichmäßig grüner, kurz gemähter Rasen …, all dies bildet zu Recht den Stolz vieler Einwohner unserer Gemeinde und belebt die Siedlungsbilder der verschiedenen Ortsteile. Für den Erhalt der Vielfalt unserer heimischen Pflanzen und Tiere benötigt es allerdings noch zusätzlich anderer Bereiche, wie bunter Säume und ‚wilder’ Gartenecken mit Reisighaufen unter Hecken an Stelle öder und bis in den letzten Winkel laubgesaugter Gartenecken und aufgeräumter Ordnung bis in die letzten Gartenwinkel.
Auch sind die noch erhaltenen, ehemals dorftypischen alten Obstbäume in ihrem Wert nicht alleine daran zu messen, ob sie große, makellose Früchte tragen oder, ob wir die Ernte überhaupt noch pflücken und verwerten wollen und können. Manche Zeitgenossen kaufen ihr Obst beim Discounter und sägen die das ländliche Ortsbild prägenden Apfel- und Birnbaumveteranen lieber ab. Vielleicht setzen manche dann als Ersatz z.B. fruchtlose Mandelbäumchen oder japanische Zierkirschen, um nicht mit ansehen zu müssen, dass viele ungenutzte Früchte Rasen und Terrasse verunreinigen und nur von irgendwelchen wildlebenden Tieren gefressen werden. Verschwinden aber die alten knorrigen Obstbäume zunehmend aus den Dorfgärten, so fehlt uns im Frühjahr die üppige Blüte und Bienenweide als dorftypischer Naturreichtum. Auch können viele Tiere in exotischen und über Pflanzenzucht gefüllten Zierblumen oder in immergrünen Kirschlorbeerhecken keinen Ersatzlebensraum mit Nahrungsgrundlage finden und auch wir Menschen werden einfach ärmer, wenn wir nicht ein bisschen Wildnis und knorrige alte Bäume und Lebendigkeit im Gartenwinkel und am Wegesrand mehr zuzulassen. Also kurz gründlich überlegen, bevor die Säge am alten Obstbaumstamm angesetzt wird.
Wir verzeichnen heute an Siedlungs- und Ackerrändern nur mehr eine deutlich reduzierte Artenvielfalt, an fachlich sogenannter ‚Biodiversität’, wie sie vor wenigen Jahrzehnten noch flächig im Acker vorkam. Ähnlich ist dies mit vielen Wiesen und heutigem Grünland. Die nahezu völlige Dezimierung des Unkrauts und davon lebender (Un-) Tiere wird sicherlich einerseits als ein Erfolg der Agrarchemiehersteller für eine optimierte Produktivität und als Voraussetzung für billige und leider oft auch nicht mehr ganz so gesunde Nahrungsmittel bewertet. Andererseits verschwinden vielenorts rasant Margeriten, Kornblumen, Kamille und all die anderen vielen bunten Wildblumen, die unsere Kinderzeit bereicherten und ländliche malerische Motive bildeten. Sicherlich, es bleibt im Mai/Juni das endlose gelbe Meer der Rapsblüte – ohne Zweifel auch schön. Aber die Vielfalt, auch an Tieren verschwindet in der auch nur kurzzeitigen Blüte dieser Monokultur und findet hier keine dauerhafte Lebensgrundlage.
So sind dann auch schon ursprünglich allgegenwärtige Vogelarten, wie Haus- und Feldsperling, Mehl- und Rauchschwalbe, Feld- und Haubenlerche in ihrer Verbreitung drastisch zurück gegangen, wenngleich wir hier bei uns in Giekau noch allerhand davon zu haben scheinen. Viele Wildbienen, Hummeln, Falter und Käfer verschwinden mit bunten Feldblumen der Wiesen und Wegsäume. Ohne ihre dezimierten natürlichen Fressfeinde können sich dann als zusätzliches Ärgernis manche Problempflanzen, wie das Weidetiere und über den Honig auch uns vergiftende Jakobskreuzkraut zu Massen vermehren, was dann allseits erschreckt festgestellt wird.
Wenn sich unsere ländlichen Gärten in ihrem Charakter den Siedlungsgärten der stadtnahen Neubausiedlungen immer stärker angleichen, dann entschwindet auch ein wesentliches Stück unserer ländlichen Identität und Heimat. Dagegen tun viele Menschen auch in unserer Gemeinde glücklicherweise zunehmend wieder etwas, indem sie Anteile mit längerem Gras in den hinteren Gärten tolerieren und mähen und düngen nur so viel Rasenteppich, wie sie wirklich brauchen, indem sie sich über wieder zurück kehrende Wildblumen und Kräuter freuen und diese überhaupt erkennen können oder nicht gleich beim Nestbau unter dem Dachüberstand Spatz oder Schwalbe als illegale Untermieter und Hauswandverschmutzer ablehnen.
‚Leben auf dem Lande’, ‚Landliebe’ und wie alle die auflagenstarken, bunt bebilderten Magazine heißen, belegen die weit verbreitete Sehnsucht nach einer geschönten ländlichen Idylle. Aber neben viel Dekorationsideen und ästhetischer Harmonie eines so nie real existierenden Landlebens leben die verkaufsfördernden Bilder dieser Magazine auch von dörflicher Vielfalt an Pflanzen, Tieren und genereller Lebendigkeit und eben nicht von einer Darstellung überdüngter Zierrasen, öder Feld- und Wegeränder und tot gespritzter Kieswege und Grundstückseinfahrten oder vom Absägen alter Obstbäume und Ersetzen durch immergrünes Bodendeckergestrüpp.
Artenvielfalt auf dem Lande ist machbar und wichtig. Viele Mitbewohner unserer Gemeinde erkennen dies und sind mit unterschiedlichen Schritten und Beiträgen dabei und es könnte natürlich noch deutlich mehr werden.
Umweltbeirat in der Gemeinde Dr. Florian Liedl